Rückschau SundMehr: Finden weibliche Subs leichter einen Dom?
Als Ergänzung der Frage nach Rollenklischees in der SM-Szene, trafen sich am 31. März 2017 10 Sadomasochisten und -innen zum Thema, ob weibliche Sub’s leichter einen Dom finden oder nicht. Ob die von Sadomasochisten so vorausgesetzte Bedingung für eine Beziehung, dass sich zwei möglichst genau komplementäre Gegenstücke finden müssen, schon eine besondere Schwierigkeit für die Partnerwahl bildet, blieb dabei nicht diskutiert. Dennoch wurde überlegt, ob Frauen oder Männer mit dieser Schwierigkeit besser klar kommen.
Von einem, zu den eigenen Neigungen passenden Gegenstück gefunden zu werden, sei kaum möglich, wurde da in der Vorstellungsrunde vorausgesetzt. Man muss sich schon aktiv auf die Suche machen. Dabei geht die Initiative praktisch immer vom Mann aus, meinten Anwesende auf Partys, bei anderen Gelegenheiten und ihrer eigenen Erfahrung nach beobachtet zu haben. Besucher des Themenabends, die in einer Partnerschaft leben, meinten dagegen, dass sie diese eher in Online-Communities gefunden, allerdings dort nicht aktiv nach einem Partner gesucht zu haben. Dass die Initiative immer vom Mann ausgegangen war, konnte nicht bestätigt werden. Eines der anwesenden Paare hatte
sich zudem in einem absolut nicht (und schon gar nicht im übertragenen Sinne) einschlägigen Online-Forum gefunden, sondern nur aufgrund offen dahingestreuter Hinweise des einen Partners zum relativ allgemein gehaltenen Thema „Coming-Out“, verbunden mit der Aufforderung für jedermann, man könne ja per Privatmail nachfragen, wenn man näheres wissen wollte.
Interessant waren hierbei die Berichte von Gesprächskreisteilnehmern aus der dunklen Zeit, vor dem Internet. Wurden hier Anzeigen in „Schmuddelspalten“ billigster oder einschlägiger Zeitungen geschaltet, ging die Initiative tatsächlich eher vom Mann aus – und das Verhältnis
suchender Männer zu Frauen betrug 1:4 oder gefühlt gar 1:10. Warum sollten Frauen denn überhaupt aktiv werden, wenn sie die Sehnsüchtigen so in die überquellenden Briefkästen präsentiert bekommen? Dennoch berichtete ein Teilnehmer auch aus dieser Zeit, seine wirklichen Beziehungen habe er allerdings alle über Stammtische und den realen „Face-To-Face-Kontakt“ gefunden. Man bekomme so viel mehr vom anderen mit, als bei einer schriftlichen Äußerung auf geduldigem Papier.
Im Kontrast dagegen die Schilderung einer neuen, an diesem Abend jüngsten Teilnehmerin, die in den Internet-Zeiten aufgewachsen ist. Sie setzt mehrere Profile ein, stellt sich auch mal im einen als „aktiv“ und im anderen als „passiv“, im SMigen Sinne, dar. Am meisten Reaktionen bekommt sie, wenn sie sich als aktiv darstellt, was sie allerdings nicht davon abhält, auch selbst die Initiative zu ergreifen. Reale SM-Erfahrungen hat aber auch sie nur mit Leuten gemacht, die sie auf Stammtischen kennen gelernt hat. Dass Weibliche Subs leichter einen Dom finden, konnte sie so nicht bestätigen.
Ein anderer, eher bezüglich Online-Nutzung als an Lebensjahren junger Teilnehmer, wird selbst in diversen mehr oder weniger seriösen Internet-Portalen aktiv, darunter auch bei eher billigen und niveaulosen, die dann nicht mal spezifisch Sadomasochisten im Blick
haben. Sobald er aber das Thema aufbringe, steige die Neugier erstaunlich schnell an. Fast schon besorgt über seine potentiellen Adressatinnen äußerte sich ein Teilnehmer, der sehr aktiv über diverse Anzeigen Partnerinnen sucht: er fürchtet, dass diese vom Anblick des
Ergebnisses seiner ausgelebten Fantasien geradezu traumatisiert würden, wenn sie nicht von vornherein eine starke Affinität zu SM hätten.
Abschließend berichtete ein switchender Teilnehmer davon, dass auch er eher angeschrieben würde, wenn er sich als aktiv beschrieb, als wenn er sich in einem Profil als passiv darstellte.
Im dann frei gegebenen Gespräch, stellte sich heraus, dass in allgemeinen Seitensprung-Portalen, vergleichbar wie in Swinger-Clubs der Rücklauf eher groß ist, wenn man sich als Sadomasochist beschrieb. Dennoch bliebe es oft bei diesem Interesse und es passiere kaum etwas, über den ersten Schritt hinaus.
Doch liegt es am Geschlecht, dass Frauen sich offenbar eher weniger anstrengen müssten, oder an der „Marktlage“? „Rein biologisch“, führte ein Teilnehmer aus „können Frauen sich in weit begrenzterem Umfang fortpflanzen, als Männer“. Daher müssten sie auf verlässliche Partner achten und besser auswählen. Für die Weitergabe der eigenen Gene wäre es für Männer dagegen besser, ihren Samen möglichst weit (und wahllos?) zu streuen. Darum sei das Verhaltensprogramm, dass Frauen eher auswählen (können), und Männer eher streuen (oder wahllos werben?) möglicherweise ein genetisches, genetisch mitgegeben und evolutionär erklärbar.
Einigen Teilnehmern ging diese Theorie zu weit, auch weil dadurch nicht erklärt wird, warum Frauen „eher gefunden werden als Männer“. Ist es denn bei Leuten, ohne sadomasochistische Neigungen üblich, dass jeder Topf, der sehnsüchtig einen Deckel sucht, diese auch findet? Oder spielt hierbei nicht auch viel Glück und Zufall eine Rolle?
Bei der Partnersuche ist auch viel Lüge im Spiel, meinte eine Anwesende und berichtete ein Beispiel, als sie auf einen attraktiven, sportlichen per Email noch in sensibler Sprache und schönen Worten angeschrieben hatte. Als sich am vereinbarten Treffpunkt dann ein übergewichtiger, älterer Mann „in Schnell-Ficker-Hose“ aus seinem Fahrzeug quälte, nahm
sie, glücklicherweise mit laufendem Motor wartend, schnell Reißaus. Als sich ein verärgerter Email-Verkehr im Anschluss entwickelte, habe der betreffende sich gerechtfertigt, sonst würde er doch nie jemand finden.
Wie wichtig das reale Treffen ist, wurde auch von der jüngsten Teilnehmerin des Abends bekräftigt. „Nur zum Chatten brauche ich den Online-Kontakt nicht. Ich habe ja ein Ziel und will reale Menschen kennen lernen.“ Wenn dieser Kontakt jedoch nicht zu Stande kommt und sogar Ausreden sich häufen, warum das Treffen scheitert, hat spätestens nach dem fünften Versuch der Kandidat seine Chance vertan, beschrieb sie ihre Kulanz. Als die Flut von Kontaktmöglichkeiten durch das Internet noch nicht gegeben war, so schien es einem Teilnehmer, wäre dies eher nicht vorgekommen. Hätte sich mancher doch ein Bein ausgerissen, um eine entsprechende Gelegenheit zu haben.
Oft zeigt sich auch bei schriftlichen Kontaktversuchen eine sprachlich niedrige Qualität, die dann auch Rückschlüsse auf die Reife des Gegenübers ermöglicht. Wer glücklich mit sich selbst ist, strahlt etwas anderes aus, als jemand, der ständig auf der Suche nach sich selbst, im anderen ist.
Quelle: SWL