In Brexit-Zeiten nicht vergessen: den englischen Fetisch für Strafen und Züchtigung. Wie bei einem britischen Geschäftsmann, der gerade eine Menge Geld in Deutschland verdient hatte. Es ist schon Jahre her, und ich war noch ganz unerfahren.
Die Münchener Domina Lady Angelina hat uns von ihren treuesten Kunden erzählt: Es sind Männer in Führungspositionen
In ihrem Studio können sie endlich in eine andere Rolle schlüpfen: die des Sex-Sklaven
Gegen Mittag packt euer Chef seine Sachen zusammen, wirft einen Blick auf die Uhr und hastet mit einem gemurmelten “Bin zum Essen verabredet” aus dem Büro – möglicherweise geradewegs in das Domina-Studio von Lady Angelina. Um sich dort anleinen und auspeitschen zu lassen.
“90 Prozent meiner Kunden sind Männer in Führungspositionen”, sagt die Münchner Domina Lady Angelina der HuffPost. “Die meisten von ihnen kommen in ihrer Mittagspause zu mir.”
Im Domina-Studio können die von Stress geplagten Chefs endlich loslassen und in eine andere Rolle schlüpfen: die des Sex-Sklaven.
Wer schon einmal den Sklaven einer Domina gesehen hat, einen Mann in einem ledernen Ganzkörper-Hundekostüm oder mit einer Schweinsmaske über dem Gesicht, kommt nicht drum herum, sich zu fragen, was einen Menschen dazu treibt, sich so sehr erniedrigen zu lassen.
Spätestens dann, wenn die Domina ihren Sklaven anleint und hinter sich herzieht. Oder wenn er sich vor sie legt, als sei er ihr Wachhund – und kein Mann, der im realen Leben im Job eine angesehene Position bekleidet.
Sie geben Termine vor oder kommen zum “Nooner” vorbei
Doch genau solche Männer stecken meist unter den ledernen Masken – Firmenchefs, Manager, Unternehmensberater oder Politiker – vielleicht auch euer eigener Chef.
Sie geben vor, einen wichtigen Geschäftstermin am Nachmittag zu haben oder kommen mittags zum “Nooner” vorbei, wie Insider der Szene zu einer Sex-Verabredung in der Mittagszeit sagen.
“Wann sollen sie auch sonst kommen?”, sagt Lady Angelina. “Sie arbeiten ja bis spät abends.”
Oft würden sie nach der sogenannten Session auch noch ein zehnminütiges Schläfchen einlegen und einen Kaffee trinken, bevor sie dann entspannt und energiegeladen zurück ins Büro kehren. Entspannt und energiegeladen vom Auspeitschen.
“Das ist nichts Ungewöhnliches”, sagt der Paartherapeut und Psychotherapeut Stefan Woinoff der HuffPost. “Gerade sehr mächtige Männer brauchen die totale Erniedrigung.”
“Wie ein Embryo im Mutterleib”
Männern in leitenden Positionen werde oft so viel Verantwortung aufgebürdet, dass sie dringend einen Gegenpol benötigen würden.
“Deshalb lassen sich gerade sehr mächtige Männer von einer Domina mit Latex wie einen Embryo im Mutterleib einbinden”, erklärt Woinoff.
Wenn ihr jetzt beim Lesen misstrauisch euren Chef beäugt, seid gewarnt. “Man sieht den Menschen ihren Fetisch nicht an”, sagt Lady Angelina. “Im Büro sind sie die Männer im Anzug mit Krawatte. Bei mir können sie in eine andere Rolle schlüpfen und ein anderes Gesicht zeigen. Das ist für sie sehr befreiend.”
Auch Woinoff bestätigt das befreiende Gefühl, dass die gestressten Männer überkommt. Oft seien Sex-Sklaven Kindern ähnlich, die Schuldgefühle hätten, weil sie was ausgefressen haben.
“Dabei ist das, was sie nach eigener Beurteilung ausgefressen haben, nur ihre eigene sexuelle Lust. Wenn aber die Domina die gestrenge Mutter oder Gouvernante spielt und ihnen selbst diese Lustgefühle beibringt, fallen die Schuldgefühle weg und die Lust hat freie Fahrt”, erklärt er.
90 Prozent meiner Sklaven wollen das Gleiche
Und diese freie Fahrt ist offensichtlich berauschender als jede Achterbahn.
Denn Lady Angelina hat sich schon so viele Stammkunden erarbeitet, dass sie wahrscheinlich Treuepunkte verteilen könnte. Und regelmäßig kommen neue mächtige Männer hinzu. In ihrem Studio trifft sich mittlerweile wahrscheinlich das Who is Who der Münchner Konzernchefs.
“Schon einige Male hatte ich den Fall, das mich jemand gebucht hatte, von dem ich dachte: Oh je, der hat eine so hohe Position in seinem Job. Wie soll ich den nur dominieren? Aber in der Realität ist das nie schwer. Sie wollen es ja”, sagt die Domina.
Natürlich erfülle sie aber nicht jeden Wunsch ihrer elitären Kunden. “Wenn ein Mann will, dass auch Tiere mit im Spiel sind, sage ich zum Beispiel ganz klar Nein”, sagt sie. “90 Prozent von ihnen wollen aber ohnehin das Gleiche: Ein bisschen fesseln, ein bisschen peitschen, ein bisschen spielen an den Brustwarzen. Nichts Krasses, einfach etwas Bizarres mit mir anstellen.”
Ein Mann im roten Stringtanga schlurft über einen schummrig beleuchteten Flur. Sein behaarter Bauch wölbt sich über dem Stückchen Stoff in seinem Schritt. Er nickt mir zu, hebt die Hand zum Gruß. “Hallo”, sagt er beiläufig.
“Äh, Hallo.”
“Geh schon mal rein”, sagt Lady Angelina zu ihm. Ihr Tonfall ist freundlich, fast so als spreche sie mit einem kleinen Kind. Der Mann, vielleicht 40 Jahre alt, sieht sie fragend an und schlurft dann weiter. “Genau”, lobt Lady Angelina.
Mein Blick fällt auf seine Pobacken.Sie wabbeln bei jedem Schritt. Ich bin froh, als sie aus meinem Blickfeld verschwinden.
“Ich muss gleich in einen Termin”, sagt Lady Angelina. “Dauert nicht lange. Dreißig Minuten.”
Ich nicke, als sei es ganz normal, dass meine Gesprächspartner kurz verschwinden, um Männer in Stringtangas ans Bett zu fesseln. Denn ungefähr so sieht ein Termin bei Lady Angelina aus.
Lady Angelina ist eine Domina.
Vom Bauernhof ins Domina-Studio
Von einer Domina hatte ich bisher immer ein ganz bestimmtes Bild im Kopf: Eine herrische Frau in Lacklederstiefeln mit mindestens 15 Zentimetern Absatz. Mit tiefer Stimme brüllt sie Befehle wie “Knie nieder, Knecht!”. Dann holt sie aus, schwingt die lange schwarze Peitsche und lässt sie auf den Hintern des Mannes an ihrer Hundeleine knallen.
Lady Angelina ist klein, blond und zierlich und sieht jünger aus als ihre 40 Jahre. Sie hat eine helle, freundliche Stimme und begrüßt mich ungeschminkt. An ihrer lilafarbenen Winterjacke sind Dreckspuren, vielleicht von ihrem Hund oder Pferd.
Sie wohnt noch immer in ihrem Heimatdorf in der Nähe von Passau und arbeitet in der Buchhaltung. Zweimal die Woche nimmt Angelina, die eigentlich anders heißt, ihren goldenen Kosmetikkoffer, setzt sich in ihr Auto und fährt fast zwei Stunden lang in das Domina-Studio nach München.
Von außen ist das Gebäude ein unscheinbarer grauer Steinklotz. Doch der Eindruck täuscht. Der schwarze Vorhang hinter der Eingangstür ist der Zutritt zu einer anderen Welt. Eine Welt voller Fesseln und Peitschen, mit Sklaven und Käfigen.
Auch ich will einen Einblick in die Arbeit als Domina erhalten
Erst im Studio zieht Angelina sich um und schminkt sich, legt mit ihrem Outfit auch ihre andere Persönlichkeit ab. Bis sie schließlich nicht mehr Angelina ist, die auf einem Bauernhof wohnt. Hier wird sie zu Lady Angelina, der Domina.
Auch ich bin heute hier, um einen Einblick in Lady Angelinas Arbeit zu bekommen. Aber nicht, weil ich lernen möchte, wie ich die Peitsche im perfekten Winkel auf einen nackten Hintern knallen lasse.
Sondern weil ich mich frage, ob ich vielleicht zu sehr mit Vorurteilen belastet bin und Menschen, wie Lady Angelina Unrecht tue. Es muss schließlich einen Grund geben, warum es in Deutschland mehr als 200 Domina-Studios gibt, warum so viele Frauen Domina werden wollen. Etwas, das ich nicht nachvollziehen kann. Für Geld die oft kranken Fantasien fremder Menschen zu befriedigen heißt für mich auch ein Stück weit sich selbst zu verkaufen.
Ihr Gast wartet schon darauf, gepeitscht zu werden
Ich sitze mit Lady Angelina im Aufenthaltsraum ihres Domina-Studios zwischen Waschmaschine, Herd und Kleiderschrank, als ihr Gast vorbeiläuft. Lady Angelina sagt “Gast”, nicht “Kunde”. Aus Respekt, erklärt sie.
Der Küchentisch ist vollgestellt mit Schminktäschchen und Lady Angelinas Kosmetik-Koffer. Am Küchenschrank hängt ein gelbes Warnzeichen mit dem Schriftzug “Zickenzone”.
Ich muss daran denken, dass ihr Gast jetzt im Nebenzimmer in seinem roten Stringtanga auf dem Bett liegt. Wahrscheinlich kann er es kaum erwarten, geknebelt und gepeitscht zu werden. Ich sehe Lady Angelina an, die mir so freundlich lächelnd und eher zurückhaltend gegenüber sitzt und frage mich, wie sie sich überhaupt dazu überwinden kann, diesen Mann auch nur anzufassen.
“Hattest du noch nie das Problem, dass du eine so tiefe Abneigung gegen jemanden verspürt hast, dass du ihn nicht einmal anfassen wolltest?”, frage ich sie.
“Wenn ich hier bin, bin ich die Domina. Und versuche, alles andere auszuschalten.”
Angelina lächelt in sich hinein, während sie eine Tube Make-Up aus dem Goldkoffer zieht. Ich frage mich, ob sie auch an den Tanga-Mann auf dem Bett denkt.
“Doch, es kamen schon mal ein paar Herren, bei denen ich mir dachte ‘Oh, mit denen kann ich mir das jetzt gar nicht vorstellen’ und dann war es am Ende richtig gut”, sagt sie. “Ich beurteile Menschen schon lange nicht mehr nach ihrem Äußeren.”
Klar, sie hat Recht, man sollte Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen. Aber es ist ja nicht so, dass sie Freundschaften schließen will, denke ich.
“Ich stelle mir das schwierig vor”, sage ich. “Wenn jemand fremd ist. Oder du ihn vielleicht gar nicht magst.”
Angelina schweigt kurz. “Wenn ich hier bin, bin ich die Domina. Da bin ich voll und ganz für meine Gäste da. Und versuche, alles andere auszuschalten.”
Für Jungs habe sie sich früher nie sonderlich interessiert
Dazu gehört für Lady Angelia auch ihr Job als Buchhalterin. Alle ihre Kollegen im Büro wissen, dass sie eine Domina ist.
“Die meisten sind fast ein bisschen neidisch“, sagt Angelina, während sie einen Puderpinsel aus ihrem Goldkoffer zieht. „Weil ich noch etwas anderes habe neben dem gewöhnlichen Job, noch ein anderes Leben.“
Für Jungs habe sich Angelina früher nie sonderlich interessiert, sagt sie. Ihren ersten Freund hatte sie mit 18. Auch jetzt ist sie in einer festen Beziehung. Ihr Mann ist Handwerker und akzeptiere ihren Beruf.
Während sie erzählt, sehe ich Angelina dabei zu, wie sie sich mit jedem Schwung ihres Pinsels von der harmlosen, fast etwas unscheinbar aussehenden Frau in Lady Angelina, die Domina, verwandelt.
Als sie sich zu mir umdreht, hat sie zwei Kondome in der Hand
“Für meinen Gast heute ist das wie ein kurzer Wellness-Termin”, sagt Angelina. “Danach wird er ein Power-Nap halten und dann sofort weiter fahren.”
Jetzt zieht Angelina ihr Top aus und streift sich stattdessen ein schwarzes Lederkleid mit Cut-Outs und silbernen Kettchen im Ausschnitt über. Während sie sich vor mir umzieht, plaudert sie weiter, als seien wir gute Freundinnen, die sich gerade für eine Party zurechtmachen.Nur dass ich nicht Teil der Party sein werde, auch nicht sein möchte.
Als sich Lady Angelina wieder zu mir umdreht, hat sie zwei Kondome in der Hand.
“Bin gleich wieder da“, sagt sie. „Schau dich doch einfach um in der Zeit.“
Im Flur erklingt leise Musik, wie sie in den Gäste-Toiletten gehobener japanischer Restaurants gespielt wird. Die Tapete hat ein altmodisches Blumenmuster.
Der Raum neben mir steht offen. Ich gehe hinein und stehe vor einem Gynäkologen-Stuhl. Der ganze Raum ist in rot gehalten, samt ledernem Bett. So habe ich mir immer einen Puff vorgestellt. Also vielleicht ohne den Gynäkologen-Stuhl.
Am Ende des Flurs hängen Masken nebeneinander aufgereiht, Latexmasken, Ledermasken, Gasmasken, zwischendrin eine Schweinsmaske. Die Schweinsmaske habe ich mal in einem Verkleidungsgeschäft gesehen, wusste aber nicht, dass sie für Sex-Sklaven gedacht ist.
Ich gehe weiter, vorbei an einem Karton mit der Aufschrift “BHs“, lilafarbenen, blonden und schwarzen Perücken und mindestens 15 Zentimeter hohen High Heels.
Unerwartet stehe ich vor einem menschengroßen Käfig. Er besteht aus einem kleinen Sitz und langen metallenen Gitterstäben. Ich frage mich, ob Lady Angelina ihren Sklaven darin zum Schlafen einsperrt, oder vielleicht, wenn er Hausarrest hat.
Von Stöhn-Lauten begleitet in die Folterkammer
Als ich weitergehe, höre ich einen Mann stöhnen. Offensichtlich befinde ich mich jetzt vor dem Zimmer, in dem Lady Angelina gerade arbeitet. Der Tanga-Mann gibt kurze, halb erstickte Laute von sich. Ich komme mir vor wie ein Voyeur und gehe schnell die Treppe hinunter. Die Stöhn-Laute verfolgen mich im Takt bei jeder Stufe.
Unten wird es nicht besser. Ich befinde mich in einer Art Folterkammer. Der Raum ist noch dunkler als die anderen Räume. An der Wand hängen Peitschen, Handschellen und Halsbänder. Ein Bett aus schwarzem Leder steht im Raum.
Davon zweigt ein Zimmer ab, das mit einem grellen weißen Licht ausgeleuchtet ist. Es würde sich gut als Kulisse für einen Arzt-Psycho-Thriller eignen. Ein weiterer Gynäkologenstuhl, daneben ein Tropf wie im Krankenhaus.
Als ich die Treppe wieder hochgehe, sehe ich Lady Angelina im Bad stehen. Sie wäscht sich die Hände. „Ach hallo, ich bin gerade fertig“, sagt sie fröhlich. An der gefliesten Wand hinter ihr hängt etwas, das aussieht wie ein Bademantel aus Leder.
“Manche wollen auch mit Apfelmus beschmiert oder angepinkelt werden.”
„Das hier ist die Nasszelle“, erklärt mir Lady Angelina. „Hier veranstalte ich Natursektspiele oder andere Dirty Games. Da beschmiere ich die Gäste zum Beispiel mit Schlamm oder Dreck, manche wollen auch mit Apfelmus beschmiert oder angepinkelt werden.“
„Ah.“ Ich ziehe eine ernste Miene, will eine weitere, interessierte Nachfrage stellen. Doch Lady Angelina sieht mir an, dass ich mich bemühen muss, ernst zu bleiben – und beginnt zu lachen. Zum ersten Mal denke ich, dass sie vielleicht auch nicht alle Wünsche ihrer Gäste ernst nimmt und finde das sehr sympathisch.
Zurück im Aufenthaltsraum zieht Lady Angelina sich als erstes eine rote Kapuzenjacke über ihr Top. Jetzt sieht sie wieder ein bisschen mehr aus wie Angelina aus dem Dorf.
“Natürlich erfülle ich nicht alle Wünsche meiner Gäste”, sagt Angelina und auch das finde ich beruhigend. “Wenn es um Sex mit Tieren geht, bin ich sofort raus. Jemand hat auch mal ganz viele Wollknäuel mitgebracht und wollte, dass ich ihn darin einwickle“, sagt sie und lacht. “Das fand ich nicht schlimm, kannte ich jetzt aber auch noch nicht.”
“Ich habe meiner Mutter nie genau erzählt, was ich mache. Ich wollte sie schützen.”
Angelina hat vor 13 Jahren sogar ihr Studium der Verwaltungswissenschaften abgebrochen, um ihren Traum zu verfolgen, Domina zu werden.
“Meine Mutter hat mich alleine großgezogen“, sagt Angelina. “Sie war Näherin. Mein Vater ist gestorben, als ich sehr klein war. Ich habe meiner Mutter nie genau erzählt, was ich mache.“
Sie schweigt kurz.
“Ich wollte sie schützen. Sie hätte sich die Schuld gegeben, an dem, was ich tue. Sie hätte gedacht, dass sie etwas in der Erziehung falsch gemacht hat. Das wollte ich nicht.“
Ihre Mutter sei bis heute ihr Vorbild. Dank ihr sei sie selbstbewusst.
“Meine Mutter hat mir immer gesagt: ‘Wenn dich ein Junge schlägt, dann schlag zurück.’ Ich habe sie lange gepflegt“, sagt Angelina traurig. “Bis zu ihrem Tod.“
Angelinas Kollegin hält mich für eine Domina
Unerwartet erhebt sie sich, mit Blick auf die Wanduhr. Lady Angelina steht sehr aufrecht, fast so gerade wie eine Ballett-Tänzerin. “So, jetzt wecke ich meinen Gast mal aus seinem Power-Nap.“
Gerade, als sie sich wieder in die Küche gesetzt hat, kommt eine junge blonde Frau mit strahlendem Lächeln und einem Rollkoffer durch die Tür.
“Ach hallo, wir kennen uns ja noch gar nicht“, sagt sie und gibt mir die Hand.
Angelina beginnt zu lachen. “Sie ist Journalistin“, erklärt sie.
“Oh“, sagt Stella.
Offensichtlich wurde ich gerade für eine Domina gehalten.
Stella beginnt, den Inhalt ihres Koffers auf dem Boden auszubreiten und verschiedene Kosmetik-Artikel auf dem Tisch zu verteilen.
“Ich wollte eigentlich noch Wasser kaufen“, entschuldigt sie sich.
“Ach, das kann doch der Tom machen“, sagt Lady Angelina.
Tom ist Lady Angelinas Haussklave.
“Der muss leider gerade arbeiten“, erklärt sie mir. “Er ist LKW-Fahrer und kann deshalb nicht immer bei mir sein.“
“Hat der keine Familie?“
“Doch klar, der hat eine Frau. Sie respektiert es, dass er gerne mein Haussklave ist.“
Ich überlege, ob ich einfach zu intolerant bin. Denn ich hätte definitiv ein Problem damit, wenn ich einen Freund hätte, der als Haussklave arbeitet.
“So ein Haussklave ist ja eigentlich ganz praktisch“, überlege ich laut. “Was macht der denn so für dich?“
Langsam finde auch ich Gefallen an einem Sklaven
“Er kocht, putzt, kauft ein oder tankt mein Auto“, sagt Lady Angelina. “Natürlich nehme ich nicht jeden. Die müssen das schon gut machen.“
“Und du bezahlst ihn nicht einmal dafür, oder?“
“Nein. Aber zum Dank peitsche ich ihn ja aus oder spiele mit ihm.“
Langsam finde ich auch Gefallen an einem Sklaven. Vielleicht überlege ich mir das noch mal und werde auch Domina.
Anscheinend sehe ich ja eh schon so aus. Und einen Sklaven zu haben, der für mich putzt und kocht, finde ich tatsächlich nicht so schlecht. Außerdem bekommt Lady Angelina einen deutlich besseren Stundenlohn als ich. Für eine durchschnittliche halbstündige Session nimmt Lady Angelina 150 Euro. Pro Tag hat sie etwa vier Gäste.
Viele davon seien in Führungspositionen, sagt sie. Ihr Publikum sei aber bunt gemischt. Auch ein Priester sei schon bei ihr gewesen, auch hohe Vertreter der Wirtschaft und anderer Bereiche kommen immer wieder zu der High-Class-Domina, erzählt Lady Angelina mir während einer Insider-Führung durch ihr Studio.
Lady Angelina verrät mir ihre Tricks
Im sogenannten blauen Raum ist das Bett zerwühlt, rote Fesseln liegen auf der Matratze. Von der Decke baumelt eine Sex-Schaukel. Hier hat Lady Angelina die Zeit mit dem Tanga-Mann verbracht.
Im “magischen Domina-Koffer“, einem riesigen Koffer mit Schubladen, bewahrt sie die verschiedensten Peitschen und Klammern auf.
“Was machst du denn mit all diesen Klammern?“, frage ich. Es sind bestimmt fünfzig Stück.
“Ach, an die Eier, den Schwanz, die Brustwarzen…“ Lady Angelinas Tonfall klingt, als zähle sie die Zutaten zu einem Kuchen auf.
Der Raum, der mir wie eine Folterkammer vorkam, nennt sie “den Raum für die härteren Sachen“.
In der bizarren Klinik simuliert sie Operationen.
“Ich habe hier richtig heftiges Licht, damit derjenige auch richtig ausgestrahlt ist”, erklärt sie.
Sie untersuche ihre Patienten “mit Stethoskop, Fieberthermometer, Zäpfchen, analen Untersuchungen und Einläufen.“
“Klingt ein bisschen seltsam“, sage ich der Domina.
“Ach, das sind halt Fantasien, die Menschen haben“, erwidert sie. “Viele schämen sich auch dafür und wollen wissen, ob sie die Einzigen sind, die solche Fantasien haben. Dann kann ich sie immer beruhigen und sagen ‚Nein, nein, ganz viele haben diese Fantasien’.“
Als wir wieder in der ersten Etage sind, verabschiedet sich Lady Angelina zu ihrem nächsten Gast. “Er verbringt den ganzen Tag hier, aber hat nur eine Session gebucht“, erklärt sie. “Den Rest des Tages wird er im Käfig sitzen.“
“Warum sitzt er denn so lange im Käfig?“, frage ich irritiert.
“Weil er Urlaub hat.“
Wieder gelingt es mir nicht, ernst zu bleiben. Und auch Angelina muss schmunzeln. Ich kann mir spannendere Dinge vorstellen, als meinen Urlaubstag in einem Käfig zu verbringen, aber warum nicht.
“Hast du schon mal jemanden im Käfig vergessen?“
“Nein, das passiert uns nicht”, sagt Lady Angelina lachend. “Aber ich habe mal jemanden im Maisfeld geknebelt und gefesselt und alleine gelassen. Als ich ihn abholen wollte, wusste ich leider nicht mehr, wo er ist. Nach einer Viertelstunde hatte ich ihn aber wiedergefunden.“
Auch über diese Geschichte muss sie selbst lachen und auch ich bin amüsiert: Denn ich habe mir unter einer Domina ganz klischeehaft eine verbiesterte, herrische Frau vorgestellt. Und nun unterhalte ich mich lachend mit einer Frau, die ich tatsächlich sympathisch finde.
Bei Lady Angelina fallen nicht nur Hüllen, auch Fassaden
“Domina zu sein, ist mein Traumberuf“, erzählt sie mir. “Ich schlüpfe in so viele verschiedene Rollen und lerne so viele verschiedene Menschen kennen.“
Auch privat unternehme sie manchmal etwas mit ihren Kunden, führe sie auch öffentlich an einer Leine herum, wenn sie das möchten. Viel mehr gefalle ihr aber die gute Menschenkenntnis, die sie durch den Beruf gewonnen habe.
“Ich gebe überhaupt nichts darauf, wie ein Mensch aussieht, was für einen Titel er hat oder wie reich er ist“, sagt Angelina mir zum Abschied. “Bei den meisten hat das einfach nichts mit der Person zu tun. Jeder Mensch hat in der Öffentlichkeit eine Fassade.“