[TTRSS] Sexarbeiterinnen sprechen über die beliebtesten Sexfantasien ihrer Kunden

Im Video oben erzählt eine Sexarbeiterin, was erlaubt ist und was nicht.

Sexarbeiterinnen haben oft intimen Kontakt zu ihren Kunden und kennen aufgrund ihres Jobs oft deren geheimste sexuelle Wünsche – sogar die, die sie nicht mal ihren Partnern oder anderen Vertrauten erzählen würden.

Wir haben Sexarbeiterinnen, Dominas und Escorts gebeten, uns zu erzählen, was die häufigsten Sex-Fantasien ihrer Kunden sind. Das sind ihre Antworten:

1. “Sissification”

Die Domina Aleta Cai sagt, dass der Großteil ihrer Kunden sich für “Sissification” interessiert. Sissification ist auch als erzwungene Verweiblichung bekannt. Dabei ahmt ein devoter Mann traditionell weibliche Verhaltensweisen oder Angewohnheiten nach und kleidet sich auf das Befehl des dominanten Partners als Frau.

“Sie wollen eine ‘Sissy’ (Deutsch: ‘Memme’) sein, was natürlich ein entmachtender und abschätziger Begriff für Männer mit weiblichen Zügen ist”, sagt Cai zur US-HuffPost.

Dabei geht es um Erniedrigung. Schon der Begriff ‘Sissy’ weißt ja auf Entmännlichung hin. Ich stecke diese Männer in BHs und Höschen. Manchmal schminke ich sie und lasse sie in High Heels umherstolzieren.”

Mehr zum Thema: Sex gegen Geld: Sex-Arbeiterin erzählt, was erlaubt ist und was nicht

Auch die Schriftstellerin und Domina Kitty Stryker sagt: Einige Klienten hätten gebeten, dass Stryker sie “zwingen” sollte, sich so zu kleiden oder zu verhalten, wie man es sonst von Frauen erwartete. Doch Stryker gehe die Dinge eher aus einer feministischen Perspektive an. 

“Weil mir Einvernehmlichkeit sehr wichtig ist, würde ich niemanden zu etwas zwingen. Ich feuere die Männer eher an, ihre Weiblichkeit zu entdecken und was das für sie bedeutet”, sagt sie.

“Dadurch, dass ich Vorstellungen von Weiblichkeit aufbreche und weil ich eine queere, Kampfstiefel-tragende Punker-Domina bin, konnte ich die Männlichkeitsideale dieser Männer sanft herausfordern und ihnen zu einer ausgewogeneren Selbstdarstellung verhelfen.”

2.“Erzwungener” Bi-Sex

Bei “erzwungenem” Bi-Sex “zwingt” der dominante Partner den devoten, meist männlichen Partner zu sexuellen Handlungen mit einem Partner des gleichen Geschlechts. Auch das ist nicht wirklich erzwungen, weil der Kunde und die Sexarbeiterin sich vor der Szene auf Regeln einigen.

“Ich bekomme viele Nachfragen von Männern, die ‘gezwungen’ werden wollen, Oralsex mit einem anderen Mann zu haben, während ich ihnen zusehe und Anweisungen gebe”, sagte Stryker. “Als queerer Mensch würde ich keine Szenarios kreieren, in denen es darum geht, queeren Sex als schlecht oder schändlich darzustellen. Lieber animiere ich zu gleichgeschlechtlichem Sex.”

Sie fügt hinzu: “Ich glaube, dass diese Fantasie für Männer auch deswegen erotisch ist, weil sie verboten ist. Männer werden oft mit hypermaskulinen, schädlichen Idealen aufgezogen und viele haben noch nie in Erwägung gezogen, ihre Fantasien auf eine positive Art auszuleben.”

Der Escort und professionelle Dominus Oz Bigdownunder sagt, er sei häufig der männliche Sexualpartner, wenn Kunden diese Art von BDSM wünschten.

“Ein typischer Kunde ist meist schon Stammkunde bei einer Domina, die er seit Monaten oder Jahren regelmäßig besucht und und hat mit ihr Rollenspiele ausprobiert, bei denen er sich vorstellt, Oral- oder Analsex mit einem Mann zu haben”, sagte er.

“Er kennt schon Sex-Spielzeuge und Umschnall-Dildos und bringt dann irgendwann den Mut auf, einen echten Penis auszuprobieren. Viele, auf die diese Beschreibung passt, behaupten, noch nie Sex mit einem Mann gehabt zu haben, aber wenn es dann soweit ist, merkt man, dass sie eigentlich recht erfahren sind.”

3. Rollenspiele

Rollenspiele, die etwas mit Machtgefällen zu tun haben, sind relativ häufig: Lehrer und Schüler, Chef und Angestellter, Arzt und Patient. Cai sagt, dass ihre männlichen Kunden wollen, dass sie in diesen Szenarien eine autoritäre Frau spiele, die ihre Macht missbraucht. Aber in einem sicheren Umfeld.

“Die meisten dieser Männer hatten prägende sexuelle Erfahrungen, ungelöste Spannungen oder ein Trauma mit einer Autoritätsfigur. Und wer hat das nicht?”, sagt sie.

“Außerdem ist es in der echten Welt ja ein Tabu, sich zu Menschen in Machtpositionen sexuell hingezogen zu fühlen. Aber ein Fantasie-Szenario macht genau das aus: Tabus zu brechen, steigert die Lust.”

4. “Cuckolding”

“Cuckolding” ist ein Fetisch, bei dem jemand, meistens ein Mann, dadurch erregt wird, dass er seinem Partner beim Sex mit jemand anderem zusieht. Escort Hayley Jades Kunden wollen ihr oft beim Sex mit einem anderen Mann zusehen: “Obwohl ich nicht ihre Freundin bin, ist das eine weit verbreitete Cuckold-Fantasie”, sagt sie.

Als männlicher Escort hat auch Bigdownunder schon an den Cuckold-Fantasien anderer Männer teilgenommen: Er hat Sex mit einer weiblichen Escort, während der Kunde zusieht. Manchmal schauen die Kunden nur zu, manchmal masturbieren sie und manchmal wollen sie mit in den Sex einbezogen werden.

“Häufig ist der Kunde gefesselt und hilflos”, sagte Bigdownunder. “Manche tragen Keuschheitsgürtel oder Penis-Käfige und dürfen sich bis zum Ende der Szene nicht anfassen. Es geht dabei viel um die Vorfreude und darum, Kontrolle abzugeben. Manche Cuckolding- und Bi-Sex-Fantasien enthalten bekannte BDSM-Elemente wie Seile, Knebel, Auspeitschen oder Stockschläge, aber eben nicht alle.”

5. Dreier

Sex mit mehreren Partnern auf einmal erregt viele Männer und Frauen, egal ob sie in einer Beziehung sind oder nicht. Jade sagt, dass sie häufig darum gebeten wird, mit einem männlichen Kunden und einer weiteren Frau Sex zu haben.

Weil sie auf Frauen stehen, sind mehrere natürlich immer besser für sie”, sagt sie.

Manchmal will der Kunde ihr aber nur beim Sex mit einer anderen Frau zusehen, ohne selbst mitzumachen.  

“Viele Männer wollen nicht mal teilnehmen”, sagte Jade. “Ihnen reicht es, zwei Frauen beim Sex zuzusehen.”

6. Erpressung

Als Cai anfing in der BDSM-Branche zu arbeiten, sah sie für ihr Alter jung aus und hatte eine weiche Stimme. Deshalb wollten ihre Kunden oft, dass sie in einem Rollenspieler die Schülerin spielt und sie selbst den Lehrer. Die Szenen begannen oft damit, dass sie in einer weniger machtvollen Position war. Doch dann wendete sich das Blatt und sie übernahm die Kontrolle über den Kunden.

“Als zusätzlichen Anreiz habe ich den Kunden in solche Szenarios ‘erpresst’”, sagt sie. “Meistens war es ein Wunsch wie, dass ich ein Foto von ihm mache und drohe, es seiner Frau zu schicken, was natürlich nie wirklich passiert wäre. Es ging nur um die ausgesprochene Fantasie.”

Im echten Leben erpresst zu werden, ist ein Albtraum, aber in einem BDSM-Kontext kann es erregend sein.

“Ich glaube, dass die Kunden es sexy finden, in einem sicheren Umfeld überlistet und auf ihren Platz verwiesen zu werden, einfach machtlos zu sein”, sagt sie.

“Solche Sachen sind in unserer Gesellschaft ja eher tabu. Natürlich gibt es viele Filme und Serien über Studentinnen oder Sekretärinnen, die ihre Professoren oder Chefs verführen, aber in der echten Welt zieht das viele Konsequenzen nach sich, die es hier nicht gibt.”

Dieser Text erschien zuerst in der US-Ausgabe der HuffPost und wurde von Moritz Diethelm aus dem Englischen übersetzt.

Quelle: huffingtonpost.de

Rückschau SundMehr: „Was verstehe ich unter Dominanz?“

Zur Fragestellung „Was verstehe ich unter Dominanz?“ trafen sich im Februar 2018 15 Besucher im Gesprächskreis SundMehr. Die Assoziationen zum Begriff waren höchst unterschiedlich. Für den einen, zumeist auf submissiver Seite, sadomasochistischer Rollenzuschreibungen spielenden Besucher, war die Kategorie „Dominanz“ nach langen Jahren erfolgloser Suche auf Partys nach einem passenden Pendant eher negativ besetzt – entsprach das was er fand und sich als „Femdom“ bezeichnete doch eher Klischees, und nicht dem, was er als gut für sich empfand. Andere verstanden darunter die Fähigkeit, jemanden in eine Situation zu bringen, wo „Sub“ auch Sub sein kann. Schön und scheußlich gleichzeitig fand ein Besucher den Begriff, ginge es doch darum, Kontrolle zu übernehmen oder sie abzugeben; eine Art der Führung eben. Ein Teilnehmer betrachtete Dominanz als etwas, das da ist und doch immer wieder neu errungen werden muss – durch die Akzeptanz des Gegenübers. Weiter aufgefächert sah es eine andere Anwesende, die fand, dass auch Kinder oder Hunde dominieren können. Der Umgang mit diesen könne ganz schön anstrengend sein, dabei ginge es stets darum, zu erspüren, was dem
anderen gut tut. Demgegenüber fand ihr Gatte: „Man ist es, oder man ist es nicht.“ „Mit Dominanz habe ich eigentlich gar nichts am Hut“, stellte ein Teilnehmer dar und fragte, warum SM überhaupt etwas mit Dominanz zu tun haben müsse. Er könne damit nichts anfangen. Eine andere Meinung war, dass Dominanz vor allem vom Gegenüber verliehen wird – selbst im beruflichen Kontext träfe dies zu, weil einem die entsprechende Dominanz nur kraft Stellenbeschreibung verliehen wurde.
Diese Behauptung warf die Frage auf, ob Dominanz nur das ist, was einem von Subs gegeben wird? Der Vergleich zu einem Gesprächskreisabend zum Thema „Strafe“
(http://www.sundmehr.de/Termine/20150828.htm) wurde gezogen, als festgestellt wurde, dass reale Strafe an sich gar nicht im SM-Kontext auftauche, sondern nur dazu dienen könnte, das einvernehmlich abgesprochene Machtgefälle wieder herzustellen. Ein submissives Gegenüber erwarte allerdings beim Spiel auch, dass sein Gegenüber dominant auftritt.
Die Komplexität des Zusammenspiels versuchte ein Teilnehmer in der Aussage zu beschreiben, dass ein Submissiver, der seine Wünsche beim Dominanten durchsetzt, dies so machen müsse, dass er selbst nicht merkt, dass der Dominante seine eigenen Wünsche umsetzt. Es handle sich quasi um eine „doppelte Verrücktheit“. Man sollte es dabei einem Sub nicht antun, dass er selbst die Regie führt. Zusammengefasst, fand er, dass Dominante in weiten Teilen gehorsame Diener ihrer Subs sind – eine Aussage die Widerspruch provozierte, denn das Spiel höre dann auf, wenn der Dominante merke, nur Wunscherfüller des Subs zu sein, meinte ein Besucher. Nur in Teilen wurde dem widersprochen: das Spiel höre auf, wenn der Dominante an der Nase herumgeführt würde – und so tun soll, als erfülle er nicht die Wünsche des anderen, sondern setze seine eigenen Interessen dominant durch.
Die Pluralität des Verständnisses des Begriffes wurde deutlich, als die Frage nach dem Unterschied zwischen Dominanz und Sadismus gestellt wurde. Der Teilnehmer, der mit dem Begriff „Dominanz“ im SM-Kontext nichts anfangen konnte, fand, dass er einfach gern schlage und auch ein gewisses Leiden seines Gegenübers schön fände, dazu aber keine Dominanz benötige. Diese sei allerdings wichtig, als Gegenpart zu Submissivität – und die Einigung darüber ist notwendig, um zu wissen, ob und wie das Spiel funktioniert.
Ein Gesprächskreisteilnehmer berichtete davon, dass er seine eigene Dominanz entdeckte, als er beim Switchen immer wieder die „Triggerpunkte“ des Gegenübers erwischte, die dessen tiefste Sehnsüchte berührten. Wenn jemand immer wieder die Sehnsüchte des anderen berührt und in der Lage ist diese etwas zu stillen, sieht der andere zu ihm auf, war sein Rückschluss, da er jetzt für jenes Gegenüber als dominant gelte. Dass er ein Gespür für die Soft-Spots seines Spielpartners hatte, war dafür ausschlaggebend – und half beim Dominieren; ein fürsorglich-konstruktiver Aspekt. Eine Parallele zu Führungskonzepten aus dem Berufsleben, z.B. dem des „Führens von unten“ (Bei Wikipedia:https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BChren_von_unten) wurde von einer Anwesenden darin gesehen, die zeige, dass Dominanz, wo sie „Führung“ ist gar nichts Verwerfliches sei. Wie Mitarbeiterführung, ist auch Dominanz und Submission ein Beziehungsgeschehen. Jemand anderes warf ein, dass unwillentliche Dominanz nach seiner Überzeugung nicht existiere – und dass es hier offenbar viele verschiedene Glaubensauffassungen gäbe, was aber in Ordnung sei. Er berichtete von einer Situation, in dem er seinem Gegenüber erklären konnte, dass aus irgendeinem Grund, was er als dominantes Verhalten gegenüber diesem geplant habe, aktuell nicht klappe. Die Stärke, die er darin zeigte, dies zu zugeben, führte dann gleich dazu, dass die Situation sich wieder zugunsten der abgesprochenen Rollenteilung veränderte.
Etwas kurz schien an diesem Abend die weitere Konkretisierung zu kommen, was denn nun Dominanz erleb- und erkennbar mache, jenseits von Einfühlung, Fürsorge und Zuverlässigkeit und welche Rolle der „Wille“ des aktiven dabei hat.
Wie kommuniziert werden kann, wie Dominanz ge- oder erlebt werden will, wurde in die Runde gefragt. Dass vor allem die No-Gos mitgeteilt werden müssen, stellte schon eine Selbstverständlichkeit dar. Die Subs hätten die schwierigste Position, wenn sie formulieren sollten, welche Art von Dominanz sie sich wünschten, meinte jemand. Sie könnten nur etwas anbieten was sie erleben wollen – was sie hinsichtlich Dominanz erleben müssten, könnte dann nur der andere bestimmen.
Der Teilnehmer, der schon in der Vorstellungsrunde den Begriff negativ besetzt fand, meinte, er habe die Kommunikation darüber aufgegeben, weil er nicht weiß, wie er es kommunizieren soll. „Wenn ich sage, ich bin Maso, denken alle, ich stehe auf Schläge – dabei gibt es ja verschiedene Arten von Schmerz… Sage ich, ich bin devot, denkt mein Gegenüber, ich wolle erniedrigt werden…“ Vorgespräche müssten von aktiven initiiert werden, damit der passive nicht als „Wunschzettel-Sub“ da stehe, als Switcher habe er solche auch schon in der aktiven Rolle geführt – doch in der passiven Rolle läge auch die Gesprächsführung in der Hand seines Gegenübers.
Auch andere stellten die in der BDSM-Szene üblichen Kategorien in Frage: wer für den einen genau in der richtigen Art dominant wirke, müsse für andere – und auch im Alltag – noch lange nicht dominant wirken.
Beziehung hat viel mit Vertrauen zu tun, egal, ob es sich um eine langjährige, feste Beziehung handle, oder um eine Spielbeziehung. Am Ende stand das Fazit fest, dass Kommunikation wichtig ist, weil nur im Gespräch Wünsche und Sehnsüchte herausgefunden werden könnten.

Der nächste Gesprächskreis SundMehr findet am 23. März zum Thema „Sadomasochismus und / oder Gewalt“ statt http://www.sundmehr.de/Termine/20180323.htm. Zu Gast wird eine Sexualwissenschaftlerin sein, die sich in einer Beratungsstelle mit dem Thema Häusliche Gewalt und Stalking befasst.

 

Quelle: SWL

Rückschau: SundMehr am 28.10.2016 – SM und Kunst

Um sich mit dem Thema „SM und Kunst“ auseinander zu setzen, trafen sich
13 Besucher des Gesprächskreises SundMehr am 28. Oktober. „Sexualität
findet irgendwo statt. Und nur in der Literatur und der bildenden Kunst
kann sie explizit repräsentiert werden“, stellte ein Teilnehmer gleich
in der ersten Runde, die mit der Frage, wo den Anwesenden
Sadomasochismus in der Kunst schon mal begegnet ist, verknüpft wurde,
klar. „Man wird sicher keine sadomasochistische Musik finden, sofern SM
nicht im Text, der an sich ja Literatur ist, dargestellt wird.“

Für mehrere der Anwesenden stellte Bondage teils während der Ausführung,
aber auch in ihrem Ergebnis, Kunst dar. Ein Besucher berichtete von
einer ähnlichen Ausstellung, wie der im Einladungstext beschriebenen „no
pain no game“, bei der er im Stuttgarter Haus der Geschichte schon vor
Jahren eine „Painstation“ gesehen habe, vor der sich begeisterte
Besucher versammelten, um Computerspiele zu spielen, bei der jeder
Fehler mit realen Schmerzen aus Hitze, Stromschlägen oder kleinen
Peitschenschlägen über den Handrücken bestraft wurden (siehe ein
Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Painstation hierüber).

Die Art, wie manche sich auf großen Erotik-Messen in barocke Kleider
zwängen oder sich als Pony verkleiden lassen, stellte für eine
Teilnehmerin schon Kunst dar, während ihr Partner es rein subjektiv
empfindet, was für ihn schön ist und auf eine nähere Definition des
Kunstbegriffes verzichtet. Ein Teilnehmer berichtete, dass bei
„Ausstellungen“ vor allem an diverse Folter-Museen denkt, wo einige
Besucher eher einen betroffenen, andere einen angeregten
Gesichtsausdruck zu scheinen haben.

Eine zufälligen Straßenszene in Berlin wurde geschildert, bei der eine
Straßenkünstlerin eine bondage-artige Performance zeigte. Was einen
daran anspräche, würden manche Mitbürger halt schwer verstehen.

Bondage war für einen Anwesenden eher etwas Handwerkliches. Er wunderte
sich, was daran für andere Kunst sei. Er selbst denke dabei an Musik,
die ihn bei einer Session begleite. Zudem fotografierte er selbst auch
ästhetische Akte, die jedoch nicht speziell sadomasochistische Motive
haben mussten.

„Kunst ist, was die Seele bewegt“, meinte eine Besucherin. Schon der
menschliche Körper an sich sei für sie ein Kunstwerk. Mit einem
augenzwinkernden Verweis auf das letzte Treffen, stellte ihre
Nebensitzerin fest, dass es für ihre Töchter schon eine Kunst sei, sich
mit ihrer Mutter nicht zu blamieren. Mit ernsthafteren Unterton, meinte
sie, dass auch ohne direkt Latexfetischistin zu sein, manche Werke eines
ihr bekannten Hobby-Latexschneiders, für sie etwas sehr künstlerisches
hätten.

Im Kontrast zu den vorherigen Statements stellte dann die nächste in der
Runde fest, dass „Kunst“ ja nichts mit Ästhetik zu tun haben müsse, wie
das Beispiel von Marina Abramovic zeigte, deren Kunst vor allem auch
verstöre. Der Betrachter interpretiere etwas, ohne zu wissen, ob sein
Verständnis in der Absicht des Künstlers lag.

Zum Thema „Foltern“ berichtete jemand, dass er auf Partys schon
Situationen gesehen habe, die er selbst niemals erleben wollte. Ebenso
sei für ihn manche bei Wilhelm Busch beschriebene Situation ansprechend,
die auch anderen in der Runde SMige Assoziationen kommen ließen: Wie Max
und Moritz am Ende in einen Sack eingenäht zu werden, in Brotteig
verschlossen zu werden? Sieht man von der Kleinigkeit ab: dass der
Vorgang des Backens wohl weder als „Safe“ noch als „Sane“ zu bezeichnen
wäre. Auch im Jazz-Song „fais moi mal Johnny“
https://www.youtube.com/watch?v=pchB-4dKpDE von Magali Noel hatte ein
Teilnehmer SMige Anspielungen entdeckt, die jedoch im Text irgendwann
kippen. Auch bei einem anderen Lied, das ihn bezüglich seiner erotischen
Neigungen ansprach, hatte er den Fehler gemacht, sich den Text zu
übersetzten. Als sich herausstellte, dass es um starken Liebeskummer
ging, war die Inspiration durch die Musik für ihn verflogen. Zum Thema
Musik wurde dann diskutiert, ob bei Bachs 1. Satz aus dem
Brandenburgischen Konzert Nr. 3
https://www.youtube.com/watch?v=hl1p8LTeNiA gegen Ende ein männlicher
Orgasmus herausgehört werden kann.

Es stand fest, dass der Kunstbegriff getrennt vom eigenen Verständnis
und Geschmack benutzt werden muss. Als mögliche Definition wurde die von
Erich Fromm vorgeschlagen, wonach der Mensch sich produktiv in seiner
Umwelt ausdrücken will. Demnach ist im Grunde nach jeder Mensch, der
seine Gedanken und Gefühle schöpferisch umsetzt ein Künstler – egal ob
er Erfolg hat, oder nicht.

„Der Künstler hat das Bedürfnis, etwas kreativ zu erschaffen“, stellte
eine Anwesende dazu fest, worauf eine andere meinte, Kunst sei es, wenn
Menschen das Erschaffene dann auch gut finden. Entsteht Kunst also erst
im Auge des Betrachters? Auch bei der Begegnung zwischen Menschen sei
dies der Fall, wurde aus der Runde geäußert. Es gibt immer einen
Menschen, der den anderen gut findet, was manche einsame Seele trösten
mag. Im Gespräch wurde Kunst auch als rein handwerkliches Geschehen
verstanden, wobei dies einem sehr klassischen Kunstbegriff nahekommt,
bei dem die Kunst eben vom Meister an den Schüler weitergegeben werden
kann. „Das ist, wie wenn jemand sagt, der Mensch besteht zu 60% aus
Wasser, zu 17 % aus Fett und 17% aus Eiweiß, plus 6% übriger
Bestandteile. Was der Mensch ist, hat man mit so einer Definition immer
noch nicht verstanden“, war dann der Einwurf. Kunst ist also doch mehr:
nämlich die Idee, die im Kopf des Künstlers bestand, bevor das Kunstwerk
entstand. Eine modernere Verwendung des Kunstbegriffs trägt dem
Rechnung, denn Kunst ist dabei der Subjektive Ausdruck, die Performance
im Dialog mit dem Betrachter.

Streckenweise wurde an diesem Abend wie in einem gewöhnlichen
Volkshochschulkurs über Kunst gesprochen, ohne dass zwingend
feststellbar war, dass das Gespräch in einem Kreis interessierter SMer
stattfindet.

Ist dann Kunst, wenn Harmonie entsteht, zwischen dem, was der Künstler
ausdrücken will und was der Betrachter versteht? Wäre dies nicht eine
passende Analogie zum SMigen-Geschehen, bei dem das, was der Aktive
machen will, auch beim Passiven entsprechend ankommen sollte? Oder
zumindest – der Spur nach? So wäre eine Session als Ausdruckskunst zu
verstehen, doch der Gedanke konnte sich in der Runde nicht durchsetzen.
Denn wieder wurden Abramovic’s teilweise verstörende Performances
zitiert. Bildnerische Darstellungen aus Sadomasochistischen
Online-Communities wurden dagegen gehalten, wobei auch über die
ästhetische Qualität gestritten wurde, wie auch über die der Abbildungen
in den Schlagzeilen. Gegenvorschläge aus Bildbänden, über das was
Anwesende anspricht, waren allerdings subjektiv gefärbt und über
Geschmack lässt sich einfach nicht streiten. Eine Besucherin stellte ein
eigenes Gemälde vor. In einem Akt aus dem Internet hatte sie sich so
sehr wiedergefunden, dass sie das Bild einer entspannt, selbstvergessen
und lustvoll daliegenden Frau unbedingt in Öl nachmalen musste – und
sich sehr beherrschte nicht Halsband und Manschetten hinzuzufügen, da es
in ihrer Wohnung auch von familiären Besuchern und Gästen zu sehen war;
ein ganz praktischer Dialog zwischen Künstler und Betrachter, bei der
die Betrachterin selbst zur Künstlerin wurde und versucht war, nach
ihrer eigenen Idee zu ergänzen.

Am Ende blieb es – sofern nicht ganz klar und absichtlich
sadomasochistische Szenen abgebildet werden – Interpretations-Sache, ob
in einem Werk SMige Züge gesehen werden.

 

Quelle: SWL

 

Rückschau: SundMehr – Fetisch oder Vorliebe?

Am 2. September 2016 trafen sich zum ersten Gesprächskreis nach der thematischen Sommerpause sieben Leute mit sadomasochistischen Interessen, um sich über „Fetisch oder Vorliebe“ auszutauschen. Schon bei der Einstiegsfrage, ob die Anwesenden bei sich einen Fetisch ausmachen, stellte sich als große Übereinstimmung heraus, dass es in der Regel um das Zusammenspiel von Situation und Person ankommt. Nur eine Teilnehmerin fiel spontan als möglicher Fetisch ein, einen Mann in High-Heels, Strumpfhose und Rock vor sich zu haben, –was sie selbst nicht tragen würde. Andere sprachen eher von einem „Fimmel“, den sie bei sich ausmachten, statt von einem Fetisch. Ein Teilnehmer führte noch
differenzierter aus, dass es für ihn darauf ankäme, was sich ergibt: das könne heute so sein, morgen anders. Ein Anwesender meinte dagegen, ihn mache alles an, was im Kontext von SM Erwachsene, gegengeschlechtliche Leute, einvernehmlich miteinander anstellten könnten. Vielleicht sei die Thematik „SM“ für ihn an sich ein Fetisch.

Durch diese anfänglichen Statements entfernte sich das Gespräch schnell von der Unterscheidung zwischen Fetisch und Vorliebe. Eher ging es um Situationen und Gefühle, die man für unabdingbar für eine erfüllte Sexualität betrachtet, statt um einen Gegenstand oder ein bestimmtes Material.

Wenn das Gegenüber nicht passe, könne sie machen, was sie will, beschrieb ein Anwesender sein Empfinden. Ganz albern fand er die klischeehafte Werbung im Fernsehen „Ruf! Mich! An!“. Auch ein anderer fand, dass eine Frau noch so erotisch aufgebretzelt vor ihm stehen und attraktiv aussehen könnte,– wenn ihre verbalen Äußerungen eine eher geringe Intelligenz und einen schlichten Charakter erkennen ließen, würde das ihn schon ablöschen. Stellt Intelligenz und Charakter vielleicht bereits einen Fetisch dar?

Fetische lassen sich nicht immer umsetzen, meinte eine Anwesende, die als ironisches Beispiel schilderte, am liebsten am kleinen Zeh an der Kirchturmuhr festgebunden zu werden. „Manches muss auch nicht erlebt werden, und es reicht das Kopfkino! Ich kann von der Südsee träumen und muss dennoch nicht hingefahren sein!“

Aber was wenn die Sehnsucht so groß ist, dass man das Gefühl hat, kaum noch weiterleben zu können, wenn man diese oder jene Erfahrung nicht gemacht hat? Warum ist für viele Sadomasochisten erfüllte Sexualität nur vorstellbar, wenn sie auf BDSM basiert? Zum vollständigen Fetischismus gehört, dass der betreffende Mensch ohne seinen Fetisch nicht erregt, befriedigt und zum Höhepunkt gelangen kann. Was, wenn zwar ein Orgasmus möglich ist, aber der Sex halt nicht als so erfüllend erlebt wird, wie er sein könnte, wenn endlich lange gehegte Träume erlebt würden?

In Beziehungen stimmt doch immer irgendetwas nicht, warf ein Anwesender ein. Das perfekte Kopfkino käme höchstens beim Drehbuch zum Tragen, das man bei einer professionellen Dienstleisterin http://www.sundmehr.de/Termine/20160401.htm abgeben kann– und dann sei ja das Enttäuschende, dass die Träume des Kunden nicht aufgrund der eigenen Bedürfnisse der Domina erfüllt werden, sondern weil es sich um eine Geschäftsbeziehung handelt.

Und umgekehrt: wenn ein Beziehungspartner auf den Fetisch des anderen „nur“ ihm zur Liebe eingeht, wird dies an der Atmosphäre beim Spiel zu merken sein; die weniger intensiv, weniger authentisch rüber kommt.

Ein Dilemma, was viele Sadomasochisten in langjährigen Beziehungen kennen und viele davon abhält, eine Beziehung einzugehen, obwohl sie sich sehr danach sehnen. Auslagern wollen sie nichts, nur für den anderen tun (oder aus Liebe: getan bekommen), fühlt sich auch nicht gut an. Am besten wäre eine Gedankenverschmelzung der Sehnsüchte beider Beteiligten. Besser sei es schon, den Fetisch oder die Vorliebe auszulagern und sich diese außerhalb einer Beziehung befriedigen zu lassen, meinte einer der Anwesenden,– was vor allem bei Beziehungskonstellationen notwendig erscheint, wo beide Partner dominant sind; und seiner Beobachtung nach auch oft klappt.

Im Gespräch würden enttäuschende Besuche in Swingerclubs zitiert, bei
denen nach dem anfänglichen Reiz am Ambiente festgestellt wurde: dass es doch nur um körperlichen, reinen Sex ging. Sind wahre Sadomasochisten also die besseren Romantiker?

Doch gibt es auch Leute, die sadomasochistische Praktiken nicht mal als Sexualität verstehen. Von diesen muss jeder für sich selbst klären, ob die lustvollen Gefühle, die er bei der Zufügung von Schmerz, bei Erniedrigung und Hilflosigkeit erlebt, die gleiche Qualität haben, wie der Endorphin-Rausch bei einer Motorradfahrt, beim Lesen eines spannenden Buches oder dem Essen eines perfekt gekochten Menüs. Ist Lust gleich Lust, oder tragen dann SM-Praktiken nicht deutlich erotischere Züge, selbst wenn Geschlechtsverkehr nicht mal angestrebt wird? Handelt es sich dann nicht doch, trotz aller Leugnung, um Sexualität?

Nicht aufgeklärt wurde im Gespräch auch, wo der Unterschied liegt, zwischen der aus der Beziehung offen ausgelagerten Erotik zum, als enttäuschend beschriebenen Besuch eines Swingerclubs, eines SM-Studios oder einer Party http://www.sundmehr.de/Termine/20160429.htm. Alles sei legitim, meinten die Anwesenden schließlich. Letztlich könnten das alles auch gelungene (Not-?) Lösungen sein.

Doch die Suche nach einem gemeinsamen Nenner kann auch Chance sein, erklärte eine Anwesende, die sich selbst im Ursprung nicht als Sadomasochistin bezeichnet. Dabei wurde eingeworfen, dass Fetische und Vorlieben sich an sich nicht verändern, allerdings erweitern lassen. Als sexuell ganz allgemein interessierter Mensch sollte man viele Möglichkeiten haben, mit jemandem glücklich zu werden, für den Sadomasochismus fester Bestandteil seiner Identität ist, meinte die Teilnehmerin– und auch ein SMer mit diesem. Ob dies auch auf Beziehungskonstellationen zutrifft, wo letzerer definitiv auf Dominanz, bzw. die aktive Seite SMiger Spielarten steht, wurde nicht angesprochen, – müsste ein nicht masochistischer Partner doch dann gegebenenfalls lernen, Schmerzen zu erotisieren.

Doch für alle anderen Situationen schien die Aussage, dass Sadomasochisten ja so schwer einen passenden Partner finden weil, sie anders seien, als überhöhter Grabenkampf. Wir hier –- die Vanillas dort. Vor allem Sadomasochisten sind dann eingeschränkter, als allgemein sexuell aufgeschlossene Mitbürger; Anzeichen dafür, dass für viele Sadomasochismus doch einen begrenzenden Fetisch darstellt, der eine erfüllte Sexualität und das Finden einer Partnerschaft eher erschwert?

Es könne gut tun, die Dramatik zwischen Vorliebe und Fetisch etwas tiefer zu stapeln, wurde in der Runde geäußert. Der verständliche Versuch, seine Träume und Wünsche ernst zu nehmen, kann den Umgang mit der eigenen Sexualität auch schwieriger machen, weil das spielerische Element verloren zu gehen droht. Statt lustvoll, wird dann jede Interaktion bierernst genommen und verliert den lebendigen Austausch zwischen den Akteuren.

 

Quelle: SWL

 

Rückschau: SundMehr am 03.06.2016 – „Als ich merkte, was mir Lust macht…“

Um sich darüber auszutauschen, wie es war, als sie entdeckten, dass SM Lust macht, trafen sich am 03. Juni 17 Männer und Frauen im Gesprächskreis SundMehr. Schon bei der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, dass nicht nur der Zeitpunkt, der Entdeckung der eigenen Sehnsüchte stark unterschiedlich ist, sondern dass man den
Entdeckungsprozess selbst unterteilen muss: Während der eine seine Neigungen kennt, solange er denken kann, fiel anderen erst als Erwachsener auf, was sie wirklich kickt. Erst im Nachhinein wird dann klar, warum bestimmte Filmszenen oder Romane immer schon einen besonderen Reiz auf die Person ausübten.
Während mancher sich an diffuse Lüste im Kindesalter erinnerte, die er als Jugendlicher als „sadomasochistisch“ benennen und zielstrebig deren Umsetzung anvisieren konnte, ist dies für andere nicht die Normalität.
So schein sich bei einigen Berichten die Integration ihrer Neigungen oft
in einer Wellenbewegung zu zeigen: vom Erspüren, über das Benennen, zur Umsetzung. Der Weg zur Befriedigung ist hierbei oft weit. Während ein Teilnehmer berichtete, als 30 Jähriger, durch eine öffentlich-rechtliche TV-Reportage („unter deutschen Dächern“) darauf gekommen zu sein, was ihm Lust macht, dauerte es weitere zwanzig Jahre, bis er zu ersten Umsetzungsschritten kam, die noch weiter auszubauen sind.
Andere, die ihre Neigung als Jugendliche schon benennen konnten, hatten ohnehin gerade ihre Lesephase, und interessierten sich dann halt für die entsprechenden Klassiker von de Sade und die filmische Umsetzung der „120 Tage von Sodom“. Ein Teilnehmer berichtete halb ironisch von einer Zeit als er im jugendlichen Alter sich die erste Gerte gekauft habe und dann Mühe hatte, seine verschiedenen Beziehungen zu koordinieren. Auch problematische Lebensabschnitte, wie die Beziehung zu einem sadistischen Lebenspartner, der Dinge tat, die die Partnerin deutlich ablehnte und die zur Beendigung der Beziehung führten, bevor die Berichtende selbst sich auf die Suche machte, ihre Neigungen zu erforschen, können Marksteine auf den Weg zur sexuellen Identität darstellen. Neugier und Offenheit kennzeichnen bei vielen Teilnehmern den Weg; der zu Schwierigkeiten führt, wenn der Ehepartner frisch entdeckte Lüste nicht teilen kann. So berichtete eine Anwesende, dass einiges, was jahrelang zum erotischen Repertoire gehörte, ausbaufähig in Richtung SM gewesen sei. Kaum hatte sie dies als Wunsch ihrem Gatten gegenüber geäußert, verschwand dies restlos von der Bildfläche der gegenseitigen sexuellen Ausdrucksmöglichkeiten.
Eine Zäsur durch das Internet, beim Entdecken sadomasochistischer Neigungen dar, stellte ein Teilnehmer fest. Und tatsächlich definierte sich früher als Sadomasochist eher derjenige, dem sich diese Erkenntnis aufdrängte, ohne dass er sich aus Neugier auf die Suche danach machte.
Durch die weltweite Vernetzung ist dies nun einfacher und wird ergänzt, durch eine Flut von medialen Darstellungen in Film und Fernsehen.
So scheint das Bild des Sadomasochisten, der sich auf jahrelanger Identitätssuche mit Schwierigkeiten zu seinem Coming-Out durchringt und mühevoll lernt, zu seinen Neigungen zu stehen, stark rückläufig zu sein; berichteten an diesem Abend doch nur 3 der anwesenden von entsprechenden Erfahrungen. Für alle anderen standen positive Entwicklungsschritte des Ausprobierens und der Selbstentdeckung im Vordergrund.
So erzählte eine Anwesende, kurz nach ihrer Scheidung die ersten sadomasochistischen Erfahrungen gemacht zu haben und damit eher das Ende ihrer Ehe gefeiert zu haben, statt das Gescheitert-Sein zu betrauern.
Bei der Suche, nach einem befriedigenden Ausleben scheint die Partnersuche doch ein großes Problem darzustellen. Auffällig gering ist dies, wenn das finden einer SM-Beziehung nicht im Vordergrund steht, sondern sich die Möglichkeiten, Sadomasochismus in die partnerschaftliche Erotik zu integrieren, sich eher zufällig ergibt.
Auch berichtete ein Anwesender von Lebensphasen, in denen es für ihn andere Prioritäten, wie Studium, Beruf oder andere Hobbys gab. Es gäbe
viele Gruppen, zu denen er gehöre: Motorradfahrer, IT-Spezialisten oder Musiker. Die Gruppe der Sadomasochisten sei nur eine von vielen – Sadomasochismus also nur ein Merkmal von vielen in seinem Leben.
Statt des Gefühls, durch sadomasochistische Neigungen, unschuldig und gegen den eigenen Willen von Welt und Menschheit getrennt und entfremdet zu sein, kann sich, bei der Entdeckung in späterem Alter, auch das Gefühl einer neuen Zugehörigkeit und der Horizonterweiterung einstellen, berichtete eine andere.
Kurze Differenzen entstanden, als der Ruf nach Unabhängigkeit von der Meinung anderer aufkam. Wer zu sich stehen will, dürfe sich davon nicht beeinflussen lassen. Jedoch ist es andererseits Sozialpsychologischer Fakt (aus dem Bereich der Selbstkonzeptforschung), dass jeder gerne akzeptiert sein und einen guten Eindruck bei seinen Mitmenschen hinterlassen will – und daher auf positive Rückmeldung angewiesen ist.
Diese bleibt natürlich aus, solange man mit anderen nicht über seine Neigung spricht, und so berichtete eine Besucherin auch vom Drang, nach der Erkenntnis ihrer Neigung, sich mit anderen auszutauschen.
Hängt man dabei einer speziellen Welt- oder Gesellschaftsvorstellung an, kann dies weitere Fragen aufwerfen – muss jedoch nicht. Ob Christen, Feministen oder Marxisten ihre Neigung mit ihrer Überzeugung vereinbaren können, kann für diese genauso schwierig sein, wie für die Geschäftsfrau, die im Job ihren Mann steht, aber sich im Rahmen ihrer Erotik sooo gerne unterwerfen lassen will.

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Quelle: SWL

Rückschau: SundMehr am 29.04.2016 (Wie stehe ich zu SM-Partys)

Vierundzwanzig Besucher, darunter auch einige neue und sporadische Teilnehmer, kamen in den Gesprächskreis SundMehr am 29. April 2016, um sich darüber auszutauschen, wie sie zu Partys stehen. Schon in der Vorstellungsrunde kündigten sich die unterschiedlichsten Erfahrungen der Anwesenden an. Manche gingen selten, regelmäßig, noch gar nie oder früher mal nicht, jetzt schon auf Partys ? und nahmen für ein schönes Event auch mehrere hundert Kilometer Anfahrt, wie zum Beispiel nach Hamburg, in Kauf, wo sie bei ihrem Aufenthalt das Sub- mit einem Kulturprogramm ergänzten.

In der Tat gab es die Erfahrung, als Solomann sich unangenehm als Zuschauer zu empfinden, wie auch die, dass Zuschauer unangenehm sein können, wenn diese sich zu weit in die Nähe der Akteure schlichen. Entsprechende Erzählungen handelten eher in Swinger-Clubs, jedoch wurde dies auch von einem aus der SM-Szene berichtet, wo jemand unter Berufung den Geschäftsführer zu kennen, in Spielräume gegangen sei, die eigentlich nur Paaren vorbehalten waren. „Rumsitzen, sich als Spanner empfinden beim Zusehen“, fand dagegen ein Teilnehmer, fühle sich für ihn nicht gut an. ?Als aktive Frau kommt man immer ins Spiel? ergänzte eine Solche, die aber auch die Situation aus Sicht einer submissiven Partybesucherin kennt. Unangenehm sei es, wenn sehnsüchtige Männer einen bedrängten, weil sie sich wünschten, dass auch mit ihnen gespielt würde, konnte eine andere bestätigen. Wenn sie als Femdom auf einer Party sei, denken Männer oft, man müsse mit ihnen spielen, „aber als passive guckt einen keiner an“.

„Der Anspruch, dass man als Solo-Mann auf eine Party geht und dort auf jeden Fall „bespielt“ würde, ist allerdings geradezu anmaßend!“ fand ein Teilnehmer.

Überhaupt ist ?Sehen und Gesehen-Werden? durchaus ein Aspekt, der eine Party attraktiv machen kann. „Manche Möglichkeiten, beim Spiel mit Dominanz und Unterwerfung, benötigen geradezu Publikum. Denn Erniedrigung, Demütigung und Bloßstellung lassen sich auf einer Party besser inszenieren“, wusste ein Teilnehmer, der auch schon in passiver und inzwischen eher dominanter Rolle auf Partys geht.

Gedemütigt und erniedrigt zu sein, macht jedoch auch verletzlich. Und so verwundert es nicht, dass vor allem passiven Gesprächskreisbesucher eine leichte Tendenz zu zeigen schienen, mit dem Spiel in den heimischen vier Wänden auch schon ganz zufrieden zu sein. „Die ideale Party wäre für mich eine, in der meine Frau alle anderen Besucher kennt und ich
niemanden“, meinte einer dazu. Anonymität kann auch schützen. Überhaupt schien für einige klar zu sein, dass eine Party an sich, durch Gäste, einen guten Schutz vor Grenzüberschreitungen böte.

Allerdings müsse auch sichergestellt sein, dass der Anbieter seine Geschäftsbedingungen auch durchsetzt, war einem Besucher wichtig; einerseits bezüglich unerwünschter Zuschauer, wie auch des Dresscodes. „Wenn ich zu einer LLL-Party ginge, will ich niemanden im Anzug sehen“ empörte er sich. Ein andere hatte gerade damit Schwierigkeiten: Lack, Leder und Latex entsprachen nicht seinem Faible und schienen ihm zu nahe am Klischee. Mit Partnerin und im Anzug wurde er aber schon von einer Party abgewiesen, dabei könne das doch ganz schön sein, sich erst mal die Dinge so entwickeln zu lassen, bevor es zur Sache ginge. Während also ein Dresscode schon dazu dienen kann, Spanner aus Partys draußen zu halten, kann dieser auch dazu führen, dass wirklich Interessierte, rausgehalten werden.

Die ideale Party ist für viele an den Besuch mit Partner gebunden, obwohl gerade auch Leute ohne Partner, in der Hoffnung, SM ausleben zu können, Partys besuchen. Wenn die Partnerschaft stimme, sei man schon auf der sicheren Seite. Was dann geschähe, läge daran, was man daraus mache. Das Umfeld könne doch egal sein, betonte einer mehrfach. Dabei kann das Zuschauen, das in der einen Situation erwünscht ist, in anderen störend sein und von der Konzentration auf sich selbst und das Gegenüber ablenken. Sehr blöd sei es, wenn die Umstehenden beginnen, sich über ihren nächsten Urlaub oder die Schallplattensammlung zu unterhalten, wurde berichtet. Auch dies läge halt am Niveau der Veranstalter, wurde zum Teil immer wieder betont ? oder dem der Gäste? Als traurige Szenerie war einem Anwesenden eine etwas überfüllte Party, mit „Sklavenversteigerung“ in Erinnerung: die sehnsüchtigen Objekte kamen gar nicht zur Erfüllung ihrer Wünsche, weil sie niemand haben wollte. Eine sicher verletzende Erfahrung.

Was eine gute Party ausmache, konnte nicht allgemein beantwortet werden. Für die einen war es ein eher privater Rahmen, mit fünf bis sechs Paaren, für andere ein öffentlicher, aber mit genügend „aber nicht nur“ gut bekannten Freunden, der einen erotischen Kitzel verheißt. Mit einem Herrn wolle sie auf einer Party sein, der dann genau wissen müsse, was er ihr zumuten könnte, erläuterte eine Gesprächskreisbesucherin, die Schmerzen, Fixierungen und Fetische nicht brauche. Aber Männer in guten Anzügen und Frauen in schönen Roben wären toll. Ganz klar spielten die unterschiedlichsten Erwartungshaltungen eine sehr große Rolle. Zudem gäbe es Leute, die schon an sich mehr zum Feiern neigen und gerne Partys und Feste besuchen, wurde festgestellt. Wer dagegen vor allem erotische Wünsche ausleben will, die ihm zu Hause, wegen Anwesenheit der Kinder oder ruhebedürftiger Nachbarn verwehrt sind, geht unter ganz anderen Voraussetzungen zu einer Party.

Ein besonderer Kitzel kann jedoch im Abgleich von Alltagsrolle und der selbst inszenierten Rolle liegen, wenn man mit anderen Freunden unterwegs ist. Passiert es dagegen zufällig, dass man Arbeitskollegen oder Nachbarn trifft, ist dies manchem unangenehm. Interessant: in gleicher Weise kann dies auch in der Sauna passieren und auch hier sind die Sensibiliäten unterschiedlich. Dabei steht es 1:1 ? denn was soll der Chef sich darüber ärgern, dass sein Angestellter dieselben Leidenschaften hat, wie er selbst?

Es gibt jedoch auch Intimgrenzen, wie beim Gesprächskreis SundMehr, wo letztlich manches Detail, obwohl gemeinsam offen über die eigene Sexualität gesprochen wird, dann doch verschwiegen wird. Wenn unterschiedliche Intensitäten der Selbstoffenbarung, die im „Sich-Fallen-Lassen?“ zu Tage treten, deren Intimität ganz unterschiedlich erlebt wird, hat dies auch zur Folge, dass diese Intimität in unterschiedlichster Weise geschützt werden will.

Doch auch amüsante Anekdoten wurden mitgeteilt, wie das Erlebnis, angesichts sehr vieler Zuschauer, durch Sichtfenster in das Spielzimmer, eine unechte Session zu inszenieren. Für die Zuschauer nicht sichtbar, war die Gerte nicht mit lautem Klatschen auf dem Gesäß der Geliebten gelandet, denn das Geräusch wurde schon durch geschicktes Handlung des Schlaginstruments in der Luft erzeugt, hatte aber immer mehr Zuschauer angelockt, die eine unerklärlicherweise ständig vor sich hin kichernde Sub beobachten konnten. Freundliche Heiterkeit weckte auch die Eröffnung einer Teilnehmerin, die wähnte, noch nie auf einer SM-Party gewesen zu sein. Als auf der Suche nach einer Definition von ihr in die Runde gefragt wurde, was dies denn eigentlich sei, wurde ihr als Beispiel eine Veranstaltung vor Augen geführt, wo einer der Anwesenden mit seiner Partnerin „gespielt“ hatte, was sie ja deutlich mitbekommen habe. Sie selbst hatte gedacht, das sei ?nur so? gewesen.

Achtung:

Da wegen des Feiertages am 26.05.2016 der nachfolgende Freitag ein Brückentag ist, findet der nächste Gesprächskreis nicht wie üblich am letzten Freitag im Monat statt, sondern am Freitag, den 3. Juni, mit dem Thema: „Als ich merkte, was mir Lust macht…
http://www.sundmehr.de/Termine/20160603.htm“ und Workshop für Paare am nächsten Tag (hierzu Anmeldung http://www.sundmehr.de/download/Workshop-fuer-Paare-2016-06-04.pdf erforderlich).

www.sundmehr.de in Kooperation mit AK SMuC: www.sm-und-christsein.de

 

Quelle: SWL

„Engagiert Euch“ – Beitrag in Schlagzeilen SZ 147

In den kürzlich erschienenen Schlagzeilen SZ 147 – siehe SWL-Meldung vom
14.1.2016) wurde nachstehender Beitrag „Engagiert Euch!“ von „Perser
veröffentlicht:

Deutschland verfügt über eine bemerkenswerte BDSM-Szene. Aber diese
bemerkenswerte Szene braucht einen funktionierenden Dachverband. Vor
allem aber braucht diese Szene wieder mehr Menschen, die sich in der
Vereinsarbeit engagieren. Denn was nützt die beste Szene, wenn sich
viele von uns noch viel zu oft verstecken oder schämen müssen? Ein
Appell von Perser.

Wie selbstverständlich ist BDSM eigentlich mittlerweile? Ich finde diese
Frage sehr schwer zu beantworten.

Zunächst einmal geht es uns in Deutschland ziemlich gut. Es gibt wenige
Länder auf der Welt, die zumindest in sexueller Hinsicht so liberal sind
wie Deutschland. In fast allen Großstädten gibt es funktionierende
Stammtische, in großen Städten wie Berlin, Hamburg oder München meist
gleich mehrere. Es gibt viele Vereine, die unterschiedlichste Angebote
bereitstellen für BDSM-Anfänger und BDSM-Erfahrene. Von
Einsteigertreffen über Workshops bis hin zu zahlreichen Veranstaltungen.
Und es gibt in Deutschland mit der SMJG eine Jugendorganisation, die es
als ihre explizite Aufgabe ansieht, Menschen unter 28 Jahren einen
geschützten Rahmen zur Verfügung zu stellen, um sich über BDSM zu
informieren. Vor kurzem habe ich einem Engländer in Berlin von dieser
deutschen BDSM-Landschaft erzählt. Dem sind fast die Augen aus dem Kopf
gefallen. Solche Jugendorganisationen und so eine breite BDSM-Szene sind
selbst in vielen europäischen Ländern heute noch immer nicht denkbar.
Vom Rest der Welt ganz zu schweigen.

In vielen Städten und Regionen haben sich ausreichend Menschen
zusammengefunden, die ihre Neigungen miteinander teilen können und oft
auch über eine ausreichend Wahlmöglichkeiten verfügen, um Partner*innen
zu finden. Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber damit geht es uns
BDSMer*innen auch nicht anders als dem Rest der Gesellschaft. Und für
viele ist die BDSM-Szene längst mehr geworden als nur ein Umfeld, in
denen man Gleichgesinnte oder mögliche Partner*innen findet. Ich merke
das an mir selbst. Ich bin vor 3 Jahren in die Berliner BDSM-Szene
hineingerutscht. Heute kann ich mir ein Leben ohne meine Berliner Szene
gar nicht mehr vorstellen. Ich habe Gleichgesinnte getroffen, mit denen
ich mich offen über meine Vorlieben austauschen kann. Ich habe
Partnerinnen gefunden, mit denen ich meine Neigungen offen und in Liebe
verbunden ausleben kann. Und ich habe vor allem Freunde gefunden, mit
denen ich nicht nur BDSM-Dinge tue, sondern mit denen ich auch sonst
gerne meine Zeit verbringe.

Das klingt alles schon ziemlich normal, oder? Man könnte fast den
Eindruck haben, dass BDSM in der Mitte der Gesellschaft, wie man so
schön sagt, angekommen ist. Wer sich ein bisschen auskennt, weiß, dass
wir davon sehr weit entfernt sind. Und ich befürchte, dass wir es uns
gerade zu bequem machen in unserer BDSM-Nische. Denn für viele
funktioniert das alles bei weitem noch nicht so reibungslos. Dazu zwei
kleine Beispiele.

Im vergangenen Jahr habe ich für den BDSM Berlin e.V. auf dem
Motzstraßen-Fest in Berlin den Infostand mitbetreut. Neugierige konnten
bei uns den BDSM-Straßentest durchführen. Ein kurzweiliges Bilder gucken
und einfache Fragen beantworten, das dabei helfen soll, mit Menschen
über BDSM ins Gespräch zu kommen. Einmal habe ich mit einem Mann
unterhalten, so Anfang 60. Er kam sehr zögerlich an unseren Stand und
erzählte mir dann so nach und nach von seinen Sehnsüchten, die er
offenbar schon seit Jahrzehnten mit sich herumträgt. Seine Neigungen
waren ziemlich eindeutig. Aber er hatte noch nie eine Partner*in, mit
der er auch nur ansatzweise seine Neigungen hätte ausleben können. Auf
einem Einsteigertreffen oder einem Munch sei er auch noch nie gewesen.
Offenbar wusste er gar nicht, dass es sowas geben könnte. Als sich
unsere Wege nach zwanzig Minuten wieder trennten, war er sichtbar
erleichtert. Er hatte sich offenbart. Und hatte Verständnis erhalten,
weil er einen Gleichgesinnten traf. Vielleicht zum ersten Mal.

Die zweite Geschichte ist einem Freund von mir vor einiger Zeit
passiert. Er arbeitet freiberuflich für öffentliche Verwaltungen und
musste vor kurzem fürchten, dass ihn ein Kollege outen könnte, der durch
Zufall von seinen Leidenschaften erfahren hatte. Im schlimmsten Fall
hätte ein solches Outing in seinem Arbeitsumfeld für ihn bedeuten
können, dass er keine Aufträge mehr bekommen würde. Und er ist nicht die
einzige Person in meinem Bekanntenkreis, für die so ein Zwangsouting
nachteilig wäre. Für viele von uns könnte das immer noch starke
beruflich Einschränkungen bedeuteten. Oder sogar den Verlust des
Arbeitsplatzes.

Ja, die Gesellschaft ist BDSM gegenüber offener geworden. Der beste
Beweis dafür dürfte der große Erfolg der ?Fifty Shades of Grey?-Reihe
sein. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mehrheit der
Menschen uns immer noch mit Vorurteilen, Skepsis oder sogar Angst
begegnet. Die Auseinandersetzungen in einigen Bundesländern über die
Aufnahme von LGBTQ-Themen in Lehrpläne sind leider ein guter Indikator
dafür, wie schwer es vielen Menschen immer noch fällt, sich wirklich
offen mit Sexualität auseinanderzusetzen. Der Bundesgerichtshof hat 2004
in seinem bekannten Urteil zwar festgestellt, dass die einvernehmliche
Körperverletzung wie in einem BDSM-Spiel an sich nicht sittenwidrig ist.
Das moralische Urteil der meisten Menschen gegenüber BDSM scheint von
diesem Richterspruch bislang allerdings eher unbeeindruckt. Jeder von
uns könnte mit Sicherheit ähnliche Geschichten davon erzählen, wie
schwierig es immer noch ist, sich seine BDSM-Neigungen einzugestehen.
Und wie sich manche von uns zum Teil verrenken müssen, welche
Doppelleben wir entwerfen müssen, damit wir unsere Neigungen ausleben
können.

Aber wie ließe sich daran etwas ändern? Und vor allem, wer könnte daran
etwas ändern?

Die vielen im BDSM-Umfeld tätigen Vereine, Organisationen und Netzwerke
tun ja schon eine ganze Menge. Nur leider reicht das nicht. Denn BDSM
hat in Deutschland gerade keinen richtigen Fürsprecher. Es gibt keine
Organisation, die Kontakt zu Verbänden aufnehmen könnte wie
beispielsweise zur Deutschen Psychotherapeutenvereinigung, damit
Menschen im Rahmen ihrer Therapie vielleicht irgendwann
selbstverständlich auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass es BDSM
gibt. So bin ich BDSMer geworden. Auf Ratschlag meines Therapeuten. Der
zu mir meinte ?Machen Sie mal BDSM. Das könnte Ihnen gut tun.? Immer
wenn ich diese Geschichte erzähle, ernte ich ungläubige Blicke. War aber
so. Wahrscheinlich wissen viele Therapeut*innen allerdings noch nicht
mal, dass es so etwas wie BDSM-Stammtische und Einsteigertreffen
überhaupt gibt. Es gibt auch keine Organisation, die beispielsweise auf
die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zugehen könnte, um auf die
Bedürfnisse von BDSMer*innen in Deutschland hinzuweisen. Damit
vielleicht eines fernen Tages die sexuellen Neigungen im Berufsleben
keine Rolle mehr spielen. So wie es ja heute schon in immer mehr
Bereichen keinen Rolle mehr spielt, ob jemand schwul oder lesbisch ist.
Wir wissen ja noch nicht einmal sicher, wie viele BDSMer*innen es in
Deutschland gegenwärtig überhaupt gibt. Weil niemand die vielen
Forschungsergebnisse zusammenträgt.

Das heißt, eigentlich gäbe es so jemanden. Die BVSM. Die
Bundesvereinigung Sadomasochismus e. V. Viele von euch wissen
wahrscheinlich gar nicht, dass es diesen Dachverband überhaupt gibt. Die
BVSM wurde 2003 mit dem Ziel gegründet, sich um solche Themen zu
kümmern. Aber leider ist es um diesen Verein in den letzten Jahren viel
zu ruhig geworden. Deswegen hat sich im Oktober dieses Jahres eine
kleine Gruppe von engagierten Menschen zusammengefunden, der ich auch
angehöre. Und gemeinsam wollen wir dieser Bundesvereinigung
Sadomasochismus wieder neues Leben einhauchen. Am 20.12. wird die BVSM
ihre Mitgliederversammlung abhalten, und es sieht so aus, als ob wir
gerade so einen neuen Vorstand und Helfer für einige Fachthemen
zusammenbekommen. Aber damit fängt die eigentliche Arbeit natürlich erst
an. Denn das Ziel muss sein, aus der BVSM einen wieder funktionierenden
und leistungsfähigen Dachverband zu machen. Ein Dachverband, der die
lokalen und überregionalen Vereine unterstützt und der auf Bundesebene
als Fürsprecher für die Belange der BDSM-Szene auftreten kann. Das alles
kostet viel Zeit und Kraft. Auch weil Vereinsleben meistens mühsam ist.
Jeder, der sich mal ehrenamtlich engagiert hat, weiß das. Vereinsarbeit
kann nur gelingen, wenn die Arbeitslast auf möglichst viele Schultern
verteilt wird. Deswegen brauchen wir die Hilfe jedes einzelnen von euch.
Und dabei spielt es keine große Rolle, ob ihr euch in eurem lokalen
BDSM-Verein, in der SMJG oder in der BVSM engagiert. Und es geht bei
einem Engagement gar nicht um so große Aufgaben wie Vorstandsämter. Das
kann auch mal ein Fahrdienst sein. Oder die Pflege einer Internetseite.
Oder mal bei einem Infostand aushelfen. Das Maß ist nicht entscheidend,
sondern die Absicht.

Um also nochmal auf meine Frage vom Anfang zurückzukommen: Wie
selbstverständlich ist BDSM denn nun mittlerweile? Ich kann diese Frage
nicht mehr nur für mich alleine beantworten. Nicht ohne dabei an die
vielen Begegnungen mit all den Gleichgesinnten zu denken. An die vielen
schönen Geschichten. Aber auch an die vielen Begegnungen wie dem älteren
Mann auf dem Berliner Motzstraßenfest. Oder an den Freund von mir, der
sich vor einem unfreiwilligen Outing fürchten musste. Ich wünsche mir
sehr, dass ich in zehn Jahren weniger Begegnungen dieser Art haben
werde. Aber ich weiß, dass das nicht von alleine passieren wird. Ich bin
bereit, dafür meinen Anteil zu leisten. Wenn ihr es auch seid, können
wir ja loslegen.

Hier könnt ihr uns unterstützen:
zur BVSM e.V.-Website: http://bvsm.de/
E-Mail an den BVSM e.V.-Vorstand: vorstand@bvsm.de

Hinweise über lokale Vereine und Gruppen können über die oben genannte
Adresse angefragt werden.

Quelle: SWL

Rückschau SundMehr – „Schwacher Dom – starker Sub?“

Rückblick zum Themenabend „Starker/r Dom – schwache/r Sub?“ des Gesprächskreises SundMehr am 26.06.2015

Zwei knappe Aussagen in einen Gegensatz gebracht und mit einem Fragezeichen versehen: Starksein/Schwachsein im BDSM-Kontext – das scheint für viele Interessierte ein Thema, über das sich zu reden lohnt. So hatten sich 25 Personen eingefunden beim Gesprächskreis SundMehr, um schon in der Vorstellungsrunde ein Statement abzugeben: Wenn du heute Abend noch an einer Session teilnehmen würdest, wie wärst du da: Eher stark oder eher schwach? Die darauf folgenden Antworten der Teilnehmenden brachten sofort die Breite und Tiefe des Themas ans Tageslicht. Es war von der „Feierabendmüdigkeit“ die Rede, die man sich auch als dominante Person eingestehen müsse und vom Gegenüber zu respektieren sei, dass es schon ein Zeichen von Stärke sei, wenn man sich „Schwachheit“ eingestehen könne, bis hin zu der Grundsatzfrage, was denn überhaupt „Stärke“ und „Schwäche“ sei?

Doch bevor man sich an Definitionen wagte, kamen sehr praktische Überlegungen in die Runde: Ist denn der Einsatz des „Safewortes“ während einer Session schon Ausdruck von Schwäche, ja der Gedanke, ein solches überhaupt zu vereinbaren, noch viel mehr?

Ein Teilnehmer konnte berichten, dass er selbst als Sub kein Safewort benötige, da sein Gegenüber die entsprechende Aufmerksamkeit habe, überfordernde Situationen zu erkennen. Doch insgesamt war man sich einig, dass bei allem Reiz, Grenzen zu überschreiten, es auch ein Zeichen der gegenseitigen Verantwortung ist, sich auf einen wie immer gearteten Hinweis zu einigen, dass eine „no-go“-Situation erreicht sei.

Der weitere Gesprächsverlauf zeigte, dass man die Begriffe „Stark und Schwach“ nicht pauschal auf Personen im SM-Kontext anwenden kann und auch nicht generell auf die verschiedenen Erscheinungsformen des BDSM. Denn es macht einen Unterschied, ob beispielsweise zwei Personen verstärkt auf der sadistisch-masochistischen Ebene agieren, oder ob die dominant-submissiven Anteile ein stärkeres Gewicht haben. Damit wollten manche zum Ausdruck bringen, dass bei einer D/s-Beziehung der dominante Part stets eine mentale Stärke braucht, um das Gefälle aufrecht zu erhalten. Nur dem anderen seinen Willen aufzuzwingen ist eben kein Ausdruck von Stärke. Im SM-Kontext dagegen kann die Session als begrenzter Zeitraum genügen, in dem das Stark-sein des Aktiven gefordert ist.

Eine Sub meinte, sie fände es Stärke, wenn der Top konsequent bleibt und damit seine innerliche Stärke zeigt.

Auch hier wurde deutlich: Stark oder schwach, das ist keine Frage des Geschlechts oder der Konstitution, sondern Persönlichkeitssache. Eine Teilnehmerin meinte, man muss authentisch sein, mit seiner Rolle umgehen können und mit sich selbst im Reinen sein. So kann man durchaus geschwächt aus einem arbeitsreichen Tag kommen und am Abend in einer Session die kraftschöpfende Erfüllung finden. Ein Teilnehmer berichtete von einer Fesselsession, die er als Passiver trotz körperlicher Erschöpfung zuvor, anschließend als bereichernd erfahren habe.

Deutlich wurde mehrmals, dass Stärke oder Schwäche etwas Dynamisches ist, nichts Starres.

Eine andere Facette im Wortverständnis brachte ein Teilnehmer ins Gespräch: Dass man redensartlich „schwach werden könne“, im Sinne von „Dahinschmelzen“. Und zwar durchaus als dominante Person, nämlich dann, wenn sehr deutlich spürbar wird, wie das eigene Tun beim Anderen „erfolgreich“ ankommt. Schwachsein als Folge der eigenen Stärke.

Die durchaus lebhafte Diskussion zeigte, dass „Schwachsein“ im BDSM-Kontext zunächst mal keine Defizitbeschreibung ist, egal auf welcher Seite die Agierenden stehen, knien oder hängen.

Dennoch könne es so etwas wie ein „negatives Schwachsein“ geben: Wenn innerhalb der BDSM-Beziehung starke negative Emotionen in eine Session einfließen, z.B. Alltagsärger über den Partner an diesem ausgelassen wird. Dieses Agieren wäre ein Zeichen der Hilflosigkeit und Schwäche. Wobei das aus anderen Lebenskontexten heraus, wenn etwa Frustration über den Chef am „Sub“ ausgelassen wird, auch in Ordnung sein könne, wenn es zwischen den Beteiligten abgesprochen sei, wie ein Teilnehmer aus eigener Erfahrung berichtete.

Der Gesprächsabend hatte ein Thema angerissen, das nicht den Anspruch hatte, in einem seminaristischen Stil abgehandelt und mit thesenartigen Erkenntnissen abgeschlossen zu werden. Es ist vielmehr gelungen, eine menschliche Grunderfahrung „Schwachsein -Starksein“ im BDSM-Kontext zu betrachten. Die Teilnehmenden selbst haben mit ihren Beiträgen, mit ihrer Offenheit und Hörbereitschaft dazu beigetragen, dass jede/r für sich Erkenntnisse und Gedankenanstöße mit nach Hause nehmen konnte. Es hatte sich gelohnt, dabei zu sein. Ein starker Abend.

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Rückschau SundMehr Thema Drehbücher und Szenarien vom 29.05.2015

Der Gesprächskreis SundMehr traf sich am 29.05.2015 in Rommelshausen zum Thema Drehbücher und Szenarien.

13 Teilnehmer gaben bereits bei der Vorstellungsrunde kurze Statements zum Thema ab und diskutierten rege über die verschiedenen Aspekte von drehbuchartigen Szenarien. So spielten sogenannte „Drehbücher“ verstärkt im Bereich D/S eine Rolle: eine Situation oder ein „Setting“ wird beschrieben, z. B. Lehrer-Schüler, in der sich das D/S-Spiel sich dann entfalten kann. Hierbei wurde angemerkt, dass es mit einem „Improvisationstheater“ verglichen werden kann, bei dem ein großer Raum für freie Gestaltungsmöglichkeit besteht.

Andererseits mache ein „Drehbuch“ mit bis ins Detail vorgefertigten Dialogen und Szenen es womöglich schwierig, die „Rollen“ zu besetzen. Ansprüche könnten zu hoch sein oder zumindest den Anschein dafür haben. „Drehbuch“ bedeutet für ihn bezüglich SM auch für „Material“ und Sicherheit zu sorgen, meinte ein Teilnehmer. Manchmal sei einfach eine „technische Vorbereitung“ notwendig.

Ein „Drehbuch“ kann Phantasien freisetzen, meinte ein anderer Teilnehmer. Daraufhin wurde ueber den Austausch von Wuenschen und Phantasien zwischen den Partnern gesprochen. Elementar wichtig sei dies, und haette keinen „Drehbuch-Charakter“. Der Dialog ueber Wuensche und Beduerfnisse sei eine sensible Sache. Es bestünde auch durchaus die Gefahr, dass ein Partner sich einem Druck ausgesetzt fühlt, wenn Wünsche artikuliert werden, die er meint nicht erfüllen zu können. Bereits dann sollten Paare gut auf einander achten und Wuensche bzw. Phantasien keinen „zwingenden Beigeschmack“ mitgeben.

Dabei spielt es eine große Rolle in welcher Beziehung die beiden Partner stehen. Kennt sich ein Paar schon lange sind meistens wenige bis keine Worte nötig, bei frischen Beziehungen hat der Austausch eine größere Bedeutung.

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Quelle: SWL

 

Berlin: Erstes BDSM-Schloss eröffnet am 11. April 2015 bei Berlin

Schloss Lohmerium eröffnet am 11. April seine Pforten mit großer Einweihungsparty.

Dieses Refugium wird angeboten zum Zweck der Anmietung als SM-Ferienwohnung/Zimmer, für Foto- und Filmaufnahmen sowie exklusive bizarre Event-Konzepte!

In idyllischer Landschaft, umgeben von Ruhe und Geborgenheit, liegt dieses exklusive Anwesen. Die Atmosphäre von Schloss Lohmerium entführt in das Reich der Sinne und verführt zum Genuss im herrschaftlichen Ambiente.

Die Eröffnungsfeier am kommenden Samstag, den 11. April beginnt um 20 Uhr.
Interessenten können sich noch über die Website anmelden.

Schloss Lohmerium
ca. 90 km nord-westlich Berlin
Hotline: 04542 – 993 90 88
Website: www.schloss-lohmerium.de

Quelle: SWL

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